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von Dipl-Ing. H.D. Zeuschner, 01.2019 Mehr von Zeuschner BERUFSBILDUNG unter der LupeIch habe von 1952 bis 1955 die Lehre als Landmaschinenmechaniker absolviert, wohl bemerkt als ,,Lehrling“, im Sinne der seinerzeit geltenden Handwerksordung (HWO). Man nannte uns „Stifte“ und so wurden wir auch behandelt. Mit Erstaunen muss ich immer wieder feststellen, dass sich Ausbildungsexperten, Politiker, Funktionäre, Journalisten, selbst Ausbildende, Ausbilder und BBS-Lehrer einer antiquierten, zudem nicht gesetzeskonformen Terminologie bedienen. Durch ein derartiges Verhalten wird m.E. dem Ruf einer modernen Berufsausbildung im Dualen System und dem Ansehen der jungen Menschen, die eben keine Lehrlinge mehr sind, sondern einen Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen haben, geschadet. Welche(r) Jugendliche sucht heute noch eine Lehrstelle oder sagt von sich selber, er/sie ginge in die Lehre? Als Auszubildende(r) oder kurz Azubi, dürfen sich nicht nur die bei der IHK eingetragenen sondern auch diejenigen des Handwerks und des Handels etc. bezeichnen, denn jede(r) hat einen Berufsausbildungsvertrag nach §§ 3, 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) abgeschlossen.
Im dualen System sollte ein moderner Unterricht in der Berufsschule und eine ebensolche Ausbildung im Betrieb heutzutage eine Grundvoraussetzung sein. IM BBIG steht das schon seit 50 Jahren. - Bild: kfztech.de Was hat sich seither z.B. im Handwerk geändert?Wir haben in der letzten Zeit Maler, Tischler, Dachdecker Installateure und Elektriker im Hause gehabt. Das Verhältnis von Gesellen (Meistern) zu Auszubildenden hat sich zumeist wenig bzw. kaum verändert, nach wie vor fungieren die heute ,,Auszubildenden" genannten als Handlanger; ,,Gib mir mal!" oder ,,Hol' mir mal!" bzw. ,,Halt' mal! '' Mach mal!" Eigentlich sollen die Azubis nach dem Berufsbildungsgesetz von 1969 (BBiG) selbständig ihre Aufgaben
aber genau das erwarten keine/nur wenige Schulabgänger insbesondere in Handwerksbetrieben auf Grund eigener Erfahrung oder denen ihrer Kameraden. Welcher Jugendliche im Schulabgangsalter lässt sich heute gerne rumkommandieren bzw. sogar scheuchen? Hierin liegt meiner Ansicht nach u.a. eine wesentliche Erklärung für die offenen Ausbildungsstellen im Handwerk. Vor einigen Jahren haben Haupt - und Realschulabsolventen in vielen Fällen keinen Ausbildungsplatz gefunden, weil Schulabgänger mit Allgemeiner oder Fachhochschulreife von oben in diesen Bereich drängten, und damit die Ausbildungsplatzsuche maßgeblich beeinflussten. Die Situation hat sich heute wesentlich verändert.
Die Berufsschule wird in Bezug auf fachliche Qualität von insgesamt 6.770 Auszubildenden / Berufsschülern eher positiv als negativ eingeschätzt. Es plädierten
Die schlechte Bewertung wird auf mangelhafte schulische Ausstattung sowohl in materieller, insbesondere jedoch in personeller Hinsicht zurück geführt. Hier bestimmt Quantität die Qualität. Unterrichtsausfall als Folge von Lehrermangel bewirkt Wissenslücken bei den Auszubildenden, die bei Zwischen- und Abschlussprüfungen offenbar werden. Sie werden weiterhin verstärkt dadurch, dass durch ggf. vorhandene betriebliche Eigenheiten der Ausbildungsbetriebe bedingte Defizite, in der Berufsschule nicht kompensiert werden können. Für die materielle Ausstattung der Berufsschulen sind die Kommunen gefordert. Das Land ist dafür verantwortlich, dass hinreichend Theorie- und Fachpraxislehrkräfte an den Berufsschulen eingesetzt werden. Die Schulleitungen vor Ort verfügen über die Verteilung der Lehrkräfte auf die vorhandenen Schulformen. Als Folge des herrschenden Lehrermangels werden nicht selten Lehrkräfte aus der Berufsschule, zum Unterrichten an Vollzeitschulen der BBS, d. h. zur Beschulung der Schüler in den Warteschleifen abgezogen. Die fachliche Qualität im Ausbildungsbetrieb wird von 6750 Auszubildenden deutlich positiv eigeschätzt. Es plädíerlen
Dieses Ergebnis ist erfahrungsgemäß differenziert zu betrachten, dazu ein paar Vergleichszahlen:
Dagegen wurde festgestellt,
Diese gravierenden Differenzen haben ihre Ursache darin, dass z.B. gewerbliche Großbetriebe i.d.R. über Ausbildungswerkstätten mit entsprechender materieller und personeller Ausstattung verfügen, dass dagegen bei Kleinbetrieben Ausbildermangel herrschen kann und dass in Kleinbetrieben die Ausbildung i.d.R. weniger organisiert über die Bühne geht als in Großbetrieben. Im Hinblick auf die Einhaltung des Ausbildungsplans ergibt sich ein inhomogenes Bild: 893 Auszubildende, die aussagten, dass sie ihren Ausbildungsplan sehr gut kennen würden, machten über die Einhaltung des Ausbildungsplans folgende Angaben:
Deutliche Unterschiede sind im Hinblick auf die Betriebsgröße (11 bis 50 bzw. über 500 Mitarbeiter) festgestellt worden.
Bei Handwerksbetrieben z.B. steht der Anfall bzw. die Abwicklung von Reparaturaufträgen und Werksverträgen im Vordergrund. Hierdurch können Vorgaben der Ausbildungspläne nur unsystematisch bzw. lückenhaft erfüllt werden, was sich bei Zwischen- und Abschlussprüfungen zu Lasten der Azubis negativ bemerkbar machen kann.
Betreuung durch Ausbilder/innenDer Lückentext für 6.236 Auszubildenden lautete: ,,Mein Ausbilder erklärt mir Arbeitsvorgänge ......."
Die Neuordnung der Metall- und Elektroberufe schreibt seit Jahrzehnten vor, dass Auszubildende lernen sollen ,,selbständig zu planen, zu realisieren, zu kontrollieren und zu bewerten" und distanziert sich damit von der klassischen Meister-LehrlingsAusbildung, bei der Vor- und Nachmachen die tragende Elemente bildeten. Deshalb sind die Eckwerte der vorstehenden Skala kritisch und differenziert zu betrachten. Das angemessene Maß dürfte, je nach Lage der Dinge, zwischen ,,häufig" und "selten" liegen. Auszubildende können sowohl durch Über- als auch durch Unterforderung resignieren oder sogar kapitulieren. Sowohl das Repertoire an angeeigneten Fähigkeiten und Fertigkeiten und erlerntem Wissen, als ebenfalls das subjektive Gefühl, gut oder schlecht ausgebildet zu sein, entscheidet über die Ergebnisse bei Zwischen- und Abschlussprüfungen.
Ein Azubi beim Auto polieren - Ein wenig Autopflege gehört auch zum Ausbildungsumfang - Bild:kfztech.de 3301 Auszubildende, die ihren Ausbildungsplan gut bzw. sehr gut kennen, sind zum Thema ausbildungsfremde Tätigkeiten befragt worden, hier die Antworten:
Wie verlautet kommen die 13,4% der Auszubildenden, die häufig oder immer ausbildungsfremde Tätigkeiten zu erledigen haben, überwiegend aus den Dienstleistungsberufen, aus dem Handwerk Ernährung sowie aus der Baubranche. Wie nicht anders zu erwarten, spielt auch beí diesem Kriterium die Betriebsgröße eine wesentliche Rolle:
"Ich mache regelmäßig Überstunden'' haben 42,2% der befragten 6820 Auszubildenden auf die entsprechende Frage geantwortet. Besonders betroffen sind die angehenden Hotel- (61%) und Restaurantfachleute (71,8%), Köche (65,2°/o), sowie Frisöre und medizinische Fachangestellte. Auf einem Spitzenplatz am anderen Ende der Skala landen die angehenden Industriemechaniker mit nur 19,2%. Über die Anzahl der Überstunden pro Woche wurden folgende Angaben gemacht:
Auf die Frage, wie der Ausgleich von Überstunden in ihrem Ausbildungsbetrieb geregelt wird, antworteten insgesamt 6171 Auszubildende mit
Das Berufsbildungsgesetz § 17 schreibt vor, dass Überstunden vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden müssen, unter Berücksichtigung des Jugendschutzgesetz. Keinerlei Ausgleich für regelmäßig zu leistende Überstunden erhalten z.B. angehende Friseure (54,8%), Zahnmedizinische Fachangestellte (51,7%) und Hotelfachleute (44,4% ).
Allgemeine Kritik am Dualen SystemUm die Ausbildungsplätze im Dualen System herrscht Verdrängungswettbewerb. Schüler mit weniger gutem oder ohne Hauptschulabschlusszeugnis sowie Sonderschüler finden zumeist keinen, in Ausnahmefällen einen für die übrigen Absolventen völlig unattraktiven Ausbildungsplatz, wenn sie Glück haben, einen Helferjob mit Unterbezahlung. Ausbildungsplätze in gewerblichen Produktionsbetrieben, die traditionell Hauptschulabsolventen vorbehalten waren, werden mit steigender Tendenz von ehemaligen Realschülern besetzt. Die Hauptklientel für anspruchsvolle Berufe im kaufmännischen als ebenfalls im technischen Bereich, hier, insbesondere auf dem industriellen Sektor, sind Abiturienten. Fazit: Das Duale System selektiert Jahr für Jahr bilden z.B. Handwerksbetriebe über ihren eigenen Bedarf aus. Nutznießer sind die Industriebetriebe, insbesondere die großen. Sie jedoch waren seit Jahrzehnten in erster Linie für die Anpassung des Dualen Systems an den technischen Fortschritt und damit an seine Weiterentwicklung (Stichwort: Neuordnung der industriellen Elektro- und Metallberufe) verantwortlich. Der in letzter Zeit registrierte Rückgang des Ausbildungsplatzangebots hat konjunkturelle als auch strukturelle Ursachen. Das Arbeitsvolumen im Produktionsbereich nimmt ab. Eine bisher nur am Rande geübte Methode gewinnt zunehmend an Bedeutung: Absolventen der verschiedenen Formen der Berufsbildenden Vollzeitschulen werden betrieblich (kostengünstig) eingearbeitet, zusätzlich besteht hier für die Betriebe die Möglichkeit, während der Einarbeitungszeit zu selektieren. Fazit: BBS-Vollzeitschüler bekommen eine eigene Berufslaufbahn Autor: H.-D. Zeuschner
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