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Lehrbuchanalyse |
Hans-Dietrich
Zeuschner, 04.05
Das nächste Schulbuch kommt bestimmt ! - Ein Instrument zur Analyse von Lehrbüchern
>….
daß alles soviel als möglich den Sinnen vergegenwärtigt werde, nämlich
und daß, wenn etwas sich mit mehreren Sinnen zugleich erfassen läßt, es mehreren zugleich entgegengetragen werde.< |
Bis auf die Akzentuierung stammt dieses Zitat von Johann Amos Comenius
(1592-1670), der erstmals Erziehung und Unterricht zum Gegenstand systematischer
theoretischer Überlegungen gemacht hat.
Weiterhin
hat der
wandernde Prediger und Lehrer die Bedeutung des Buchs als Medium im
Unterricht erkannt und ein eigenes Lehrbuch entwickelt, als eine Synthese bzw.
Symbiose von Wort und Bild. Das Buch
selbst war seit der Bahn brechenden Erfindung
von Gutenberg zu einem sehr beliebten Medium im Leben der höhergestellten
Familien geworden. Das Comenius-Werk „Orbis
Sensualium Pictus“ (kurz: Die gemalte Welt)
ist im Jahre 1658 entstanden und
wurde bis zur Mitte des folgenden Jahrhunderts nach der Bibel zu dem am meisten
gelesenen Buch ……….
………
eine für heutige Begriffe unglaublich lange Zeitspanne.
Nach dem zweiten Weltkrieg ist die Kulturhoheit durch das Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland den Bundesländern übertragen worden. Seither stehen
alle Jahre wieder Arbeitsgruppen in
Schulen aller Formen vor der Aufgabe, Lehrbücher zu
analysieren und zu bewerten. Sie bereiten damit Entscheidungen der
Fachgruppenkonferenzen vor, die wiederum i.d.R. über
die Einführung von neuen Lehrbüchern entscheiden. Damit die Vorarbeit
systematisch und nachvollziehbar geleistet werden kann, wird üblicher Weise zu
Beginn des Entscheidungsprozesses ein Kriterienkatalog für die Analyse
erarbeitet und vom
Entscheidungsorgan abgesegnet.
Der nachfolgende Katalog eignet sich zur
Analyse in erster Linie von gedruckten Materialien. Er ist
umfangreich und deshalb für
die Analyse von Lehrbüchern des BBS-Bereichs auf die speziellen Belange
zuzuschneiden.
Bild: Lehrbücher werden auch heute noch nach dem Konzept von Johann Amos Comenius aus dem Jahre 1658 konzipiert. Man beachte hier die unterschiedlichen Formen der Darstellungen sowie die didaktische Gliederung des Erklärungstextes. Quellennachweis: Hrg.Robert Bosch GmbH.: Geräte für Druckluftbremsanlagen, Stuttgart, 1982, S.33. |
Kriterien
für die Auswahl von Materialien für den Unterricht
1.Unterscheidung
nach dem Inhalt
1.1
Quantität
Wie
viel Seiten, Absätze, Zeilen, Wörter,
Abbildungen, Graphiken etc. werden einem Ziel,
1.2
Präsenz
Welche Ziele, Inhalte, Methoden etc. werden berücksichtigt
bzw.
bleiben unberücksichtigt?
1.3.
Latenz
Was
kommt zwischen den Zeilen zum Ausdruck?
1.4
Intensität
Welche
Bedeutung wird einem Ziel, einem Inhalt, einer Methode etc. beigemessen?
1.5
Kontext
In
welchen Sinn- und Sachzusammenhängen stehen die einzelnen Ziele, Inhalte,
Methoden etc.?
1.6
Ideologiekritik
Enthält
das Material “unwahre. halbwahre oder unvollständige Gedankengebilde...,
die sich …. insbesondere (Anm. d.Verf.) …… auf soziale Sachverhalte
beziehen und auf eine Befangenheit ihrer Träger zurückzuführen sind,
welche durch deren gesellschaftliche Situation verursacht ist? (nach Ernst
Topitsch)
1.7
Sonstige
2.
Unterscheidung nach der Methode
2.1
Aufbau
Ist
das Material folgerichtig aufgebaut?
Werden
notwendige Lern- und Erkenntnisschritte eingehalten?
Nach
weichen Gesichtspunkten ist das Material gegliedert?
Welche
Schwerpunkte sind zu erkennen?
2.2
Relevanz
Stimmen
die Informationen mit neueren Erkenntnissen überein?
Sind
die Informationen für die Lebenssituationen bedeutsam?
Sind
die benutzten Informationsquellen zuverlässig?
Sind
die gewählten Beispiele aussagekräftig?
Welche
Fächer übergreifende Lernziele
liegen zugrunde?
2.3
Lernvoraussetzungen
Ist
der Abstraktionsgrad angemessen?
Wird
an Bekanntes angeknüpft?
Werden
die Informationen weitschweifig, komprimiert oder abstrakt weitergegeben?
2.4
Motivieren/Aktivieren
Ist
der Inhalt durch geeignete Problemstellungen vorstrukturiert?
Ist
für Abwechslung gesorgt?
Ist
der Schwierigkeitsgrad angemessen?
Findet
der Schüler hinreichende Rückmeldungen, aktivierende Hinweise,
Ermunterungen?
Weckt
das Material die Aufmerksamkeit möglichst vieler Schüler?
Wird
hinreichend Bearbeitungszeit eingeplant?
Werden
Illustrationen, Skizzen, Pläne, Tabellen, Übersichten, schematische
Darstellungen etc. zur Einführung, Verdeutlichung oder Erarbeitung der
Sachverhalte sowie zur sprachlichen Aktivierung angeboten?
Sind
Maßnahmen der inneren Differenzierung vorgesehen?
Lässt
das Material den Schülern hinreichend Raum für eigene Auseinandersetzung
mit dem Inhalt?
Sind originelle Einfälle verarbeitet worden?
Wird
durch Bild und Text Erfolgszuversicht geweckt?
2.5
Arbeitsformen
Ist
das Material themengerecht und Ziel orientiert gestaltet?
Fördert
das Material die aktive Informationsaufnahme und -verarbeitung?
Sind
die angewendeten Lernhilfen (Beispiele, Analogien etc.) wirksam und
origineller Natur?
2.6
Veranschaulichung
Ist
die Form der Veranschaulichung Themen gerecht?
Werden
komplexe Sachverhalte zweckmäßig zum Beispiel durch schematische
Darstellungen und Illustrationen veranschaulicht?
Sind
die Darstellungen einfach und übersichtlich?
Wird
der Anschauungsprozess durch gezielte Fragen oder Impulse gelenkt?
Werden
in dem Material treffende Beispiele. Analogien oder Metaphern verwendet?
Werden
die Anschauungsmittel angemessen und Ziel bezogen eingesetzt?
2.7
Konsolidierung
Werden
grundlegende Gedanken prägnant zusammengefasst?
Ist
die Möglichkeit zur Arbeitsrückschau gegeben?
Werden
sinnvolle Hinweise zur selbständigen Weiterarbeit gegeben?
Sind
Möglichkeiten für einen sinnvollen Transfer des Erworbenen eingearbeitet?
Werden
variationsreiche Übungsmöglichkeiten zur Sicherung und Verarbeitung der
Ergebnisse oder auch Lernkontrollen angeboten?
2.8
Zielstrebigkeit
Wird
die didaktische Konzeption durchgehalten?
Sind
die Bearbeitungshinweise zweckmäßig, eindeutig, präzise?
Bleiben
Nebensächlichkeiten unberücksichtigt?
Ist
die Bearbeitungszeit angegeben
2.9
Darstellungen
Sind
die Darstellungen übersichtlich und hinreichend exakt sowie formal richtig
ausgeführt?
2.10
Sonstige
3.Unterscheidung
nach der grafischen Gestaltung
3.1
Übersichtlichkeit, Ästhetik
Ist
das Format zweckmäßig?
Dient
die Blattaufteilung der Übersichtlichkeit?
Welche
Größe haben die einzelnen Teile, Elemente etc. absolut bzw.
zueinander?
Wie
sind die einzelnen Teile, Elemente usw. einander zugeordnet?
Welche
Schrift (Handschrift, Normschrift, Maschinenschrift, gedruckte Schrifttypen)
in welcher Größe und in welcher Strichstärke ist gewählt worden?
Welche
Qualität haben die Bilder (Abbildungen, grafische Darstellungen, Fotos
etc.)?
Sind
Hervorhebungen (Absätze, Unterstreichungen, Fettdruck, Sperrungen,
Typenwechsel usw.) wirkungsvoll‘?
Dienen
Farbgebung und Vervielfältigungsverfahren sowie die Qualität der Ausführung
den Anforderungen?
3.2
Sonstige
4.
Unterscheidung nach der Form
4.1
Didaktische Funktion
4.2
Aufgabe
4.3
Hersteller
4.4
Verhältnis zu den übrigen im Unterricht eingesetzten Medien
4.5
Einsatz
4.6
Sonstige
5
Unterscheidung nach der Gattung
5.1
Umfang
5.2
Kanal
5.3
Herausgeber
6
Unterscheidung nach dem Adressatenkreis
6.1
Personenkreis
6.2
Schulstufe
6.3
Schulform
6.4
Zulassung
Literaturhinweis:
Vgl. Hans-Dietrich Zeuschner: Kriterien für die Auswahl von Materialien für
den Gemeinschaftskundeunterricht in
Hrg. Bundeszentrale für politische Bildung: Zur Theorie und Praxis der
politischen Bildung Bonn, Band 290
Weitere Seiten von Herrn Zeuschner finden Sie hier
Der Fachbeitrag wurde weder gekürzt noch inhaltlich verändert.
Wiesinger
19.02.2015