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Zur ‘Bildung des allgemeinen Wirtschaftsverständnisses’ in der Berufsschule |
Bestandsaufnahme und Kommentar
Hans-Dietrich Zeuschner, 04.02
In
der Zeit ihrer Berufsausbildung müssen sich die Jugendlichen verstärkt
mit ökonomischen Problemen
beschäftigen bzw. haben eine Vielzahl neuer Rollen
zu übernehmen, auf die sie derzeit in der
Berufsschule überwiegend nicht vorbereitet werden. Um dieses
Defizit zu kompensieren, plädiere ich seit 20 Jahren
für ein eigenständiges Fach Wirtschaftskunde
für Schulformen der
Berufsbildenden Schulen.
Wirtschaften
heißt, nach bestimmten Kriterien Entscheidungen zu treffen. Wer
wirtschaftet, muss sich entscheiden, worauf er verzichtet
„In keinem Lebensbereich außerhalb der Wirtschaft spielt die Macht der
kleinen Entscheidungen im täglichen Handeln der einzelnen Personen eine
derart bedeutsame Rolle für das Ganze.“[1]
Ein
Auszubildender soll am
Monatsende noch gerade über 30,- € verfügen.
Unter Prüfungsdruck
benötigt er dringend ein Arbeitsbuch mit Übungsaufgaben, gleichzeitig
hat er das Bedürfnis ein Konzert zur Entspannung zu besuchen,
beides soll 20, - € kosten. Unter den gegebenen Umständen wird
er sich für eines von beiden entscheiden müssen. Wählt er das Buch,
muss er auf das Konzert verzichten. Das Mehr an Fachkompetenz kostet ihn
den Verzicht auf den musikalischen Genuss.
Wirtschaften ist ein
intellektueller Akt. Der Auszubildende lässt sich möglicher Weise von
seiner Vernunft leiten. Er ordnet seine Bedürfnisse nach der Intensität,
mit der er sie empfindet, wägt die Risiken und Chancen,
die die verschiedenen Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung
aller Wahrscheinlichkeit nach in sich bergen, gegeneinander ab und bildet
eine individuelle Bedürfnisskala,‘[2]
bevor er sich entscheidet. Man spricht in diesem
Zusammenhang von Konsumentensouveränität.
Die
klassische Betrachtungsweise beschreibt den Menschen als u.a.
aktives Wesen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man
der Überlegung folgt, dass es Zweck allen Wirtschaftens ist, nicht
nur dem gegenwärtigen, sondern dem potentiellen/antizipierten Bedarf
(entstanden aus der Summe der individuellen Bedürfnisse)
zu berücksichtigen In
diesem Falle müssen aufgrund der Produktion, Bedürfnisse
geschaffen werden. ‘Der bedürftige Mensch wird durch die
Wirtschaft zum bedürfnisheischenden Wesen erzogen’[3].
„Die Wünsche des Individuums scheinen zwar oberflächlich betrachtet
von ihm selber auszugehen, sind aber
letztlich auf das Kommando des Mechanismusses zurück zu führen,
der sie befriedigt. In der Praxis stellt sich die Anpassung so dar, dass
die produzierende Firma ihre Preise auf dem Markt kontrolliert. Ja, sie
geht über diese Kontrolle hinaus, indem sie den Verbraucher zu dem ihr nützlichen
Verhalten überredet“,[4]
ein Zitat des
amerikanischen Wirtschaftsprofessors John Keneth Galbraith zur Alternative
der Konsumentensouveränität, nämlich der Produzentensouveränität.
Der wirtschaftende
Mensch befindet sich ständig in Problem- bzw. Konfliktsituationen, die
den von ihm getroffenen Entscheidungen vorausgehen. Er steht
sowohl im Rahmen des beruflichen als auch des außerberuflichen
Wirtschaftens in der Gefahr,
von der Wirtschaft bedrückt, ja sogar erdrückt zu werden, Stichwörter:
Konsumterror, Übervorteilung, Betrug, Gerichtsvollzieher. Dagegen steht,
dass Wirtschaft nicht
einengen, sondern dass sie vielmehr frei
machen soll.“ Wirtschaft hat keinen Selbstzweck. Der Mensch muss immer
Subjekt und Ziel der Wirtschaft sein.“
[5]
„Der Mensch ist das,
was er ist, immer nur im Bezug und in der Auseinandersetzung mit der Welt
in der er lebt und zu der er sich verhält.“
[6]
’Wirtschaftliches Handeln ist immer ein Handeln mit anderen und für
andere und oft zugleich ein Handeln gegen andere, und daher besitzt die
Einzelne in Wirklichkeit nur dann wirtschaftliche Mündigkeit, wenn er
auch soziale Mündigkeit besitzt.’ [7]
Ökonomische Bildung
- verstanden sowohl als
wirtschaftsberufliche Ausbildung als auch als Bildung des allgemeinen Wirtschaftsverständnisses - muss das
Heraustreten aus der reinen Zwangsteilnahme am Wirtschaftsgeschehen
zugunsten einer reflektierten, distanzierten Teilhabe und Gestaltung am
Wirtschaftsprozess ermöglichen und kann einen Beitrag zu humaner
Lebensbewältigung leisten.[8]
Der Jugendliche wächst
insbesondere im Berufsschulalter in das Wirtschaftsgeschehen hinein. „
Wirtschaftliche Fragen betreffen nahezu sämtliche Bereiche unseres
Lebens. Das macht es so interessant und auch notwendig, sich mit
Wirtschaft zu beschäftigen. Aber ohne Kenntnis der Zusammenhänge sind
gerade auf diesem Gebiet sachgerechte, fundierte Urteile nicht möglich.“
[9]
Die Berufsschule muss die Aufgabe wahrnehmen, die in der
Hauptschule im Fach Arbeit/Wirtschaft-Technik
begonnene Einführung in die Ökonomie (siehe Tabelle 1),
fortzusetzen, zu vertiefen und zu erweitern.
Wirtschaft/Wirtschaftskunde/Wirtschaftslehre
wird in den Stundentafeln für Berufsschulen,
gewerblich-technische Fachrichtungen, von vier Bundesländern in
Kombination mit Sozialkunde/Gemeinschaftskunde/Politik genannt. Als
eigenständiges Fach existiert Wirtschaftskunde
lediglich in zwei Ländern.
Das
Fach Wirtschaftskunde ist für
niedersächsische Berufsschulen, gewerbliche Fachrichtungen
, erstmalig nach dem 2.Weltkrieg, im Jahre
1966 in der Stundentafel mit einer Wochenstunde berücksichtigt
worden. Das Stundenkontingent wurde im Jahre 1982 auf
½ Wochenstunde gekürzt und
drei Jahre danach war das
Fach in den Stundentafeln für
Klassen der gewerblich-technischen Fachrichtungen nicht mehr zu finden.
In anderen ´alten´
Bundesländern dürfte die Entwicklung ähnlich verlaufen sein.
Die
z.Zt. gültigen Rahmenrichtlinien für das Unterrichtsfach Politik in
berufsbildenden Schulen, Stand: Juni
1994[10]
(nachfolgend
RRL Pol ’94
genannt) verstehen ‘Politische
Gestaltungskompetenz’ als
leitendes Prinzip der politischen Bildung an berufsbildenden Schulen.
„Sie
ist die Fähigkeit und Bereitschaft,
unter
den gegebenen historischen, politischen, ökologischen, ökonomischen
und rechtlichen
Voraussetzungen,
gestützt
auf ein fundiertes Politikwissen,
allein
und mit anderen unter den Bedingungen von Wettbewerb und Leistung,
auf
der Grundlage ethischer Normen unter Berücksichtigung von
Gerechtigkeit, Solidarität und
Toleranz,
durch
Selbst- und demokratische Mitbestimmung,
gegenwärtige
und zukünftige Lebenssituationen verantwortlich zu gestalten.“
[11]
Reduziert man dieses
leitende Prinzip auf das rein Ökonomische, so kommt man zu der
Zielformulierung: ‘die
Fähigkeit und Bereitschaft unter den gegebenen ökonomischen
Voraussetzungen, in Wirtschaft Lebenssituationen verantwortlich
zu gestalten’. Demgegenüber ist in
§2 Nds SchG v. 1994
- Bildungsauftrag der Schule - unter dem gleichen Aspekt gesehen,
lediglich von ökonomische Zusammenhänge erfassen’ die
Rede.
Die sieben
angeführten Qualifikationen und die nachgeordneten
Lernziele in
den RRL
Pol ’94 - sagen
wenig zur ökonomischen
Bildung, speziell zur ‘Bildung des
allgemeinen Wirtschaftsverständnisses’ aus.
Inhaltlich dagegen ist Wirtschaft
als eigenständiges politisches Handlungsfeld mit folgenden Schwerpunkten
berücksichtigt worden:
Wirtschaftsordnungen
Soziale
Marktwirtschaft
Steuerungsmöglichkeiten
der Sozialen Marktwirtschaft
Wirtschaftliche
und gesellschaftliche Bedeutung von Betrieben und Unternehmen
Ökologische
Umgestaltung der sozialen Marktwirtschaft zur „ökosozialen
Marktwirtschaft“
Wirtschaftsstandort
Deutschland
Konjunktur
und Krisen
Wirtschaftsstruktur
und Merkmale des
regionalen und sektoralen Strukturwandels usw.
Zielkonflikte
der Wirtschaftspolitik
Konsumenteninteresse
- Produzenteninteresse
Produktkennzeichnung
und Produzentenhaftung
Produktivität
und Rentabilität, Umwelt- und Sozialverträglichkeit
Rechten
und Pflichten aus Verträgen
Ökonomie
und Ökologie
Spannungsverhalten
zwischen Ökonomie und Ökologie
Wege
zu einer ökologischen Ökonomie z.B. Ökosozialprodukt, Ökobilanz
Kriterien
der Sozial- und Umweltverträglichkeit von Produktionssystemen
Entwicklung
der Umwelttechnik in der Bundesrepublik Deutschland
Am Schluss folgt der Hinweis ‘und/oder andere gleichwertige Themenbereiche’.[12]
Als Ergänzung ist ein
Kanon von Lerngebieten,
Lernzielen und Lerninhalten angefügt worden, der den nach § 35 BBiG/ §32
HWO für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff der Berufsschule berücksichtigt.
Diese Elemente
sind verbindlich und konsequenterweise mit einem eigenen
Kontingent von 40 Wochenstunden für die Berufsschule ausgestattet. (vgl.
Tabelle 1)
Die
Elemente für den Unterricht der Berufsschule im Bereich Wirtschafts- und
Sozialkunde gewerblich - technischer Ausbildungsberufe
(KMK-Beschluß v. 18.05.84).[13] Neben
den sozial-
und rechtskundlichen Lerngebieten Berufsbildung
(5 Themenbereiche) Arbeits-
und Tarifrecht, Arbeitsschutz (14) Sozialversicherung
(4) Arbeits-
und Sozialgerichtsbarkeit (2) und einem juristisch
ausgerichteten Betriebliche
Mitbestimmung (2) ist
ein ökonomischer Komplex
zu finden: -
Betrieb in Wirtschaft und Gesellschaft anzutreffen, mit folgenden
Lerninhalten: Aufbau
eines Handwerks-/Industriebetriebes Wesentliche
Aufgaben eines Betriebes (Beschaffung, Produktion, Absatz) Die
Stellung des Handwerks-/Industriebetriebes in der Wirtschaft Wesentliche
Ziele erwerbswirtschaftlicher und öffentlicher Betriebe:
Gewinnerzielung, Kostendeckung, Marktversorgung Betriebliche
Kenngrößen: Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Rentabilität Wesentliche
Unternehmensformen und deren Bedeutung: Einzelunternehmen, Personengesellschaften:
OHG, KG Kapitalgesellschaften:
AG, GmbH; Genossenschaften,
Wirtschaftliche
Verflechtungen
Eine Expertengruppe beim
Nds Min Kult hat 1984 das
Ziel formuliert: ´Der
Wirtschaftskundeunterricht in Berufsbildenden Schulen soll
dem Lernenden diejenigen Einsichten und Kenntnisse vermitteln, die
ihn befähigen, das wirtschaftliche Gesamtgeschehen in seinen Grundlagen
zu erkennen und zu verstehen und ihn damit zu denjenigen Qualifikationen bringen, die
zum rationalen und verantwortlichen Handeln innerhalb der
Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung notwendig sind.´ [14]
Im
einzelnen geht es um die
formalen Ziele
Interesse
an und Verständnis für
Ökonomie wecken /
erweitern, Einsichten
in ökonomische Zusammenhänge ermöglichen, Voraussetzungen
für eine selbständige ökonomische Analyse- und Urteilsfähigkeit
schaffen, bzw.
um die Aufgaben an
grundlegende ökonomische Erfahrungen und das Vorwissen der Schüler
anknüpfen, das
Vorhandene ordnen und ins
Bewusstsein heben, es
vorsichtig erweitern und für
das Verständnis komplexer Zusammenhänge nutzbar machen.[15]
Eine wesentliche Rolle
bei der Realisation der Ziele spielen die ausgewählten Inhalte..
Einen umfangreichen Katalog liefert das in Tabelle 2 zitierte
Inhaltsverzeichnis von „Wirtschaft Deutschland“. Nach den Angaben der Herausgeber
ist es „das erste Wirtschaftsbuch, das die Wirtschaft der
Bundesrepublik Deutschland umfassend darstellt“, es richtet sich „an
Leser und Leserinnen, die als Verbraucher, Arbeitnehmer, Auszubildende,
Unternehmer, Staatsbürger und Politiker – wie immer man sie in ihren
Rollen benennen mag – Entscheidungen treffen“.[16] Ausdrücklich wird hier
nicht Bezug auf ein Lehrbuch genommen, weil
die dort berücksichtigten Inhalte
bereits nach der Vorgabe von
Richtlinien ausgewählt worden
sind.
Tabelle
1
Ziele
und Inhalte
Tabelle
2 Quelle:
Wirtschaft Deutschland Daten
– Analysen – Fakten, Hrg. Keim, H. und Steffens, H., Köln 2000), Verbraucher
und Markt 1.
Konsumfreiheit als Grundlage der Marktwirtschaft 2.
Entwicklungen des Verbraucherverhaltens 3.
Probleme des Wettbewerbs 4.
Probleme der Einkommensverwendung 5.
Marktmodell und Realität 6.
Verbraucherpolitik 7.
Rückblick
und Ausblick Arbeitnehmer
und Betrieb
8.
Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt im Wandel
9.
Bildung und Betrieb
10.
Arbeit und Betrieb
11.
Soziale Gestaltung der Arbeitswelt
12.
Grundelemente der Betriebswirtschaft
13.
Mitbestimmung und Vermögensbeteiligung
14.
Lohn- und Tarifpolitik
15.
Interessenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gesamtwirtschaftliche
Entwicklung und Wirtschaftspolitik
16.
Wirtschaftsentwicklung als Stabilisationsproblem
17.
Konzeption und Instrumente der Stabilisierungspolitik 18. Strukturwandel und Strukturpolitik
19.
Ansätze und Perspektiven der Wachstumspolitik Internationale
Wirtschaftsbeziehungen und Weltwirtschaft 20.
Grundlagen der Weltwirtschaft 21.
Entwicklung des Welthandels 22.
Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland 23.
Kapital und Arbeit aus Weltwirtschaftlicher Sicht 24.
Entwicklungsländer und Industrieländer
|
Weitere
Bedingungen
>
Die ‘Bildung
des allgemeinen Wirtschaftsverständnisses’ darf
nicht allein an den Rahmenrichtlinien
für die Berufsschule festgemacht
werden. Bevor z.B. die Mehrzahl der BBS-Schüler, nämlich die Berufsschüler,
in diese Schulform eintritt, ist sie bereits in der Mehrzahl der Fälle in
der Hauptschule, in
Arbeit/Wirtschaft – Technik unterrichtet worden.
Die derzeit gültigen Rahmenrichtlinien für die Hauptschule, Arbeit/Wirtschaft-Technik sind 1997 erschienen, die vorletzten stammen aus dem Jahr 1982. Eine eingehende inhaltliche Analyse und ein Vergleich dieser RRL mit den RRL Pol ’94 wäre in diesem Zusammenhang wünschenswert, ist jedoch aus Platzmangel nicht möglich. Ein oberflächlicher Vergleich lässt den Schluss zu, dass die jüngere Vorschrift auf die o.a. KMK-Elemente abgestimmt sind. Die Arbeit/Wirtschaft-Themenbereiche in den Rahmenrichtlinien von 1982 und von 1997 sind in Tabelle 3 aufgelistet.
Tabelle
3 Quelle:
Hrg. Nds
Min Kult: Rahmenrichtlinien
für die Hauptschule
Arbeit
- Wirtschaft - Technik , Hannover 1982
7.
Schuljahr (A-W-T:
3 Wo.-Std.)
8.
Schuljahr
(A-W:
2 Wo-Std.)
9.
Schuljahr
(A-W:
3 Wo.-Std.)
Zeitvorgabe: Sa. 8 Wochenstunden, entspricht 320 Stunden insgesamt
|
Quelle: Hrg. Nds Min Kult: Rahmenrichtlinien für die Hauptschule Arbeit / Wirtschaft - Technik, Hannover 1997 Schuljahrgänge 7/8
Schuljahrgänge 9/10
Zeitvorgabe: Sa.: 92 Stunden insgesamt
|
>
Für eine Situationsanalyse im Hinblick auf BS-Lehrkräfte
mit dem Unterrichtsfach Wirtschaftskunde fehlen aktuelle Daten.
Tendenziell kann man davon ausgehen, dass ihre Anzahl an den niedersächsischen
BBS stetig abnimmt, denn die
Möglichkeit, im Rahmen des LbS-Studiums z.B. an der Universität Hannover
Wirtschaftswissenschaften als Schwerpunktbereich im Unterrichtsfach
Gemeinschaftskunde/ Wirtschaftskunde zu
wählen, ist durch eine Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung
seit dem Sommersemester 2001 nicht mehr gegeben. Die PVO-Lehr vom 15.April 1998 bietet u.a. Politik als Unterrichtsfach an,
mit den Schwerpunktbereichen Sozialwissenschaften und
Geschichtswissenschaften. Als eine Zulassungsvoraussetzung für die
Abschlussprüfung ist lediglich der Nachweis der erfolgreichen Teilnahme
an einer Lehrveranstaltung zur Einführung
in die Betriebswirtschaftslehre oder Volkswirtschaftslehre zu
erbringen.
>
Wirtschaftskundliche Inhalte haben Prüfungsrelevanz und
sind daher im BS-Unterricht zu vermitteln. Durch die Facharbeiter- bzw.
Gesellenprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling u.a. mit dem ihm im
Berufsschulunterricht vermittelten, für die Berufsausbildung wesentlichen
Lehrstoff vertraut ist . Die
Kultusministerkonferenz hat zur Konkretisierung dieser BBiG- bzw.
HWO-Vorschrift die o.a.
Elemente zusammen gestellt. Untersuchungen von Aufgabenblöcken für
das Prüfungsfach Wirtschafts- und Sozialkunde aus dem
gewerblich-technischen Bereich zeigen auf, das der KMK-Beschluss vom
18.05.84 durchaus nicht von allen Prüfungsausschüssen des Handwerks
anerkannt bzw. berücksichtigt wird.
Schlussbemerkungen
►
Seit 1985 wird das Fach Wirtschaftskunde
in Stundentafeln für niedersächsische Berufsschulen,
gewerblich-technische Fachrichtungen nicht mehr geführt. Ein Blick in die
Stundentafeln anderer
Schulformen, gewerblich-technischer Fachrichtungen[17]
ergibt folgendes Bild:
Zweij.
BFS-TechnikKl.II (Wirtschaftslehre, 2 Wo.-Std.)
BAS-Technik (Wirtschaftslehre/Wirtschaftsgeographie, 2 Wo.-Std.)
BOS-Technik,
Kl. 13 (Wirtschaftslehre, 2 Wo.-Std.)
Zweij.
Fachschule-Maschinentechnik (Betriebswirtschaft,
1 Wo.-Std.)
►
Fachrichtungen, Wirtschaftskunde
auf der Basis einer fachwissenschaftlich oder fachdidaktisch begründeten
Systematik nicht erteilt worden.
►
In
allen Richtlinien für Gemeinschaftskunde
spielen ökonomische Inhalte seit 1985
eine untergeordnete Rolle, am größten ist der durch ökonomische
Inhalte geprägte
Komplex in den RRL
Pol’94 . Allerdings sind lediglich die Elemente
für den Unterricht der Berufsschule im Bereich Wirtschafts- und
Sozialkunde gewerblich-technischer Ausbildungsberufe
der Berufsschule, gewerblich-technische Fachrichtungen, ( vgl.
Tabelle 1) zugeordnet und verbindlich, die übrigen ´Politischen
Handlungsfelder, Schwerpunkte und Themenbereiche ´gelten
für alle BBS-Schulformen.
►
Immer
noch wird im Rahmen von
Gesellenprüfungen, im Gegensatz zu Facharbeiterprüfungen,
wirtschaftskundlicher ‘Lehrstoff’
abgeprüft, der in der Berufsschule nicht behandelt worden ist. Hierdurch
wird eine Anzahl Auszubildende des Handwerks gegenüber denen der
Industrie benachteiligt. Eine zweite Benachteiligung von Prüflingen
ergibt sich aus der unterschiedlichen Gestaltung der Aufgabenblöcke. Drei
überregional gültige Vorlagen, Ausgabe 1998, für insgesamt acht
Metall-Ausbildungsberufe enthalten einen
Ökonomieanteil zwischen 14 und 25%
sowie Bearbeitungszeitvorgaben von 1 bis 2 Minuten pro
Auswahlantwortaufgabe. Hier tut
Abstimmung zwischen den
Landesinnungsverbänden untereinander sowie mit der Kultusbehörde Not.
►
Durch
die jüngst erfolgte Änderung der PVO-Lehr[18]
herrschen für die ‘Bildung des allgemeinen Wirtschaftsverständnisses’
an den Berufsbildenden Schulen in personeller Hinsicht ungünstige Voraussetzungen.
Eine
Frage der Wertschätzung?
Warum
erfährt das Fach Wirtschaftskunde in den Stundentafeln der Berufsschulen,
gewerblich-technische Fachrichtungen, bzw. die ‘Bildung des allgemeinen
Wirtschaftsverständnisses’ eine
derart ‘diskrepante Wertschätzung’?
[19]
Folgt
man Grammes [20],
so ist die Wirtschaftswissenschaft die
Wissenschaft vom Preissystem, dessen „unsichtbare Hand“ allen anderen
gesellschaftlichen Entscheidungssystemen vorgezogen werden soll. Laien
nehmen das ökonomische Denken als kalt wahr, da ein
strategisch-erfolgsorientiertes Nutzenkalkül gegenüber einer verständnisorientierten
Perspektive dominiere. Ursache für die diskrepante Wertschätzung von
Laien sind folgende vier
Faktoren:
Ungenügende
ökonomische Ausbildung (ökonomisches Wissen ist nicht weit
verbreitet; der Mechanismus der unsichtbaren Hand wird kaum
verstanden);
fehlendes
Wissen: Es besteht ein Unwillen, die ökonomische Sichtweise zu übernehmen,
da dies ein Verlust des in anderen Bereichen erworbenen
Ausbildungskapitals bedeuten würde z.B. des Glauben an staatliche
Steuerungskompetenz;
die
Verwendung von Preismechanismen wird häufig von Interessengruppen
verhindert, die im Verteilungskampf zu verlieren glauben;
das
Preissystem wird unter angebbaren Bedingungen als „unfair“
betrachtet; Befragungen und Experimente zeigen eine psychologische
Abwehr von Tauschbeziehungen: Preise und Märkte zerstören Moral und
Motivation. “Der Markt zerstöre durch den Kommerzialisierungseffekt
seine eigenen Grundlagen“ [21]
Abschließend
möchte ich den
verantwortlichen Politikern, Kultusbeamten, Vertretern von Kammern und des
Elternbeirats sowie Hochschul- und BBS-Lehrern
im Lande, kurzum allen,
die am Entstehen von
Stundentafeln, Rahmenrichtlinien und Verordnungen für die
Lehrerausbildung beteiligt sind, ein Zitat aus den RRLPol´94 ins Stammbuch schreiben:
Ø
Zukunftssicherung
erweist sich als erstrangige Herausforderung aller politischen und pädagogischen
Verantwortungsträger.< >
Alle Menschen müssen lernen, die lokalen, regionalen und globalen
Zusammenhänge ihres Lebens als vernetztes System technischer, ökologischer,
ökonomischer, politischer und sozialer Bedingungen zu begreifen und
verantwortlich mitzugestalten.<[22]
Ø Ohne die ´Bildung des allgemeinen Wirtschaftsverständnisses´ in der Schule fehlt ein Knotenpunkt in diesem Netz.
Quellenangaben und Anmerkungen des Autors [1] Hrg. Keim,H. u.a.: Wirtschaft Deutschland, Köln 2000, S.XIII (zurück 1) [2] vgl. Schanz,H.: Die Bedeutung der Wirtschaftswissenschaften für die Didaktik der ökonomischen Bildung in Hrg. Schanz,H.: Beiträge zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik IV Stuttgart 1977, S.60 (zurück 2) [5] Marx,A.: Normen des wirtschaftlichen Geschehens in Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 22.Jg. 1952, S.554 (zurück 5) [7] Abraham,K.: Die Beziehungen zwischen Wirtschaft und Erziehung in christlicher Sicht in Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädadogik, 37.Jg. 1961, S.9 (zurück 7) [8] vgl. Schanz,H.: Ökonomische Bildung als Beitrag zu humaner Lebensbewältigung, Hrg. Schanz,H. ebenda S.79 (zurück 8) [9] Lippens,W.:Im Kreislauf der Wirtschaft, Hrg. Bundesverband deutscher Banken e.V. Köln 1994, S.14 (zurück 9) [14] Hrg. Nds Min Kult: Rahmenrichtlinien für das fach Wirtschaftskundein den Berufsschulen der gewerblichen Fachrichtungen, Hannover 1984 (zurück 14) [18] Hrg. Min Kult: Verordnung über die erste Staatsprüfungen der Lehrämter im Land Niedersachsen vom 15.April 1998 (zurück 18) |
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Wiesinger
bearbeitet am: 19.02.15